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Gründerzentren und Sparkassen
Gründer als Kunden gewinnen
Wenn Sparkassen Gründer als Kunden gewinnen wollen, müssen sie häufig einen langen Atem mitbringen. Viele Jungunternehmer halten sich mit Risiko- oder Eigenkapital über Wasser. Die Zusammenarbeit mit Gründerzentren hilft weiter.

Bodensensoren, die Belegungsdaten von Parkplätzen in Echtzeit übertragen: Mit solchen Produkten hat das 2017 gegründete Start-up Smart City System im Markt Fuß gefasst und Parkflächen von zahlreichen Handelsketten und Verkehrsverbünden digitalisiert.

Weil jeder Parkvorgang erfasst und in einer App abgebildet wird, können rund um die Uhr freie Parkplätze abgerufen und belegte kontrolliert werden. „Wir haben unsere Lösungen zwei Jahre lang mit Eigenkapital finanziert“, blickt Andreas Jaumann, Mitgründer und Geschäftsführer des Nürnberger Newcomers, zurück.

Finanzierungspartner Sparkasse Nürnberg

„Anschließend benötigten wir für weiteres Wachstum einen Finanzierungspartner.“ Mit der Sparkasse Nürnberg stand ein überzeugender Kandidat bereit. Das Institut ist Partner des Gründerzentrums Zollhof, bisher Standort von Smart City System. Start-up und Sparkasse wurden schnell handelseinig. Mit einem zinsgünstigen KfW-Kredit konnte Smart City System die Produktionskapazitäten ausbauen und die Mitarbeiterzahlen auf 25 verdreifachen.

Auch in Zukunft will das Unternehmen, das als Folge der Expansion aus dem Zollhof ausziehen musste, mit Sparkassen zusammenarbeiten. „Wir sind von der Leistungsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Institute überzeugt“, sagt Jaumann am neuen Unternehmensstandort Fürth.

 

Vor allem Hightechbranche nutzt Gründerzentren

Rund 500 Gründerzentren zählen Marktkenner in Deutschland. Außer einigen national bekannten Standorten wie den  Zollhof in Nürnberg, der als eines von bundesweit elf „Digital Hubs“ mit Bundesmitteln gefördert wurde, gibt es zahlreiche Zentren in der Region, die ausschließlich von örtlichen Existenzgründern und Jungunternehmern vor allem aus der Hightechbranche genutzt werden.

In verkehrsgünstiger Lage haben regionale Wirtschaftsförderer solche Standorte für diese Zielgruppe entwickelt. Mit preisgünstigen Mieten und Dienstleistungen sowie Gemeinschaftseinrichtungen können die Nachwuchsunternehmer ihre Ausgaben niedrig halten.

Kooperationen mit örtlichen Sparkassen

Auch bei der Suche nach Kapitalgebern erhalten sie Hilfe. Kooperationen von Gründerzentren mit örtlichen Sparkassen liegen auf der Hand: Die Förderung der regionalen Wirtschaft ist eine wichtige Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Institute.

Ohnehin haben während der letzten Jahre vor allem größere Sparkassen ihre Beratungsangebote für Existenzgründer ausgebaut und sind schon deshalb an einer Zusammenarbeit mit Gründerzentren interessiert.

Das gilt auch für die Sparkasse Nürnberg. „Mit der Zollhof-Partnerschaft wollen wir Kontakte zu Gründern knüpfen“, bestätigt Michael Kläver, stellvertretender Vorstand des Instituts.

Vom Start im Jahre 2017 weg hatte dieses Kontakt zur Geschäftsführung des Zollhofs, die bislang rund 70 Start-ups mit über 500 Arbeitsplätzen aufgenommen hat.

Außer der Sparkasse Nürnberg hat diese rund ein Dutzend weitere prominente Unternehmen aus der Region, darunter Adidas, Novartis, Nürnberger Versicherung, Schäffler und Siemens, als Partner engagiert.

„Wir empfehlen jedem Start-up die Zusammenarbeit mit Partnern, wenn wichtige Fragen zur Finanzierung, zur Weiterbildung oder zum Prototyping anstehen“, sagt Zollhof-Geschäftsführer Benjamin Bauer.

Vor der Coronakrise hat Bauer die Veranstaltungsreihe „Exploring the New“ für Partner und Mieter ausgerichtet. An dieser nahmen auch Mitarbeiter der Sparkasse regelmäßig teil.

Außerdem stießen Hackathon-Events, auf denen Vertreter von Old Economy und New Economy ein oder zwei Tage lang gemeinsam an der Lösung von technologischen Problemen arbeiten, auf reges Interesse.

Veranstaltungen für Old und New Economy

Seit Ausbruch der Coronakrise im Frühjahr 2020 finden solche Highlights ausschließlich online statt. Gut möglich, dass hierbei auch mancher Mitarbeiter Impulse für seinen beruflichen Alltag und dessen weitere Digitalisierung erhalten hat.

„Wir wollen uns als Teil des Ökosystems Zollhof neuen Themen öffnen“, versichert Kläver. Vor allem Mitarbeiter, welche Innovationen vorantreiben sollten, haben an diesem Austausch teilgenommen und konnten Teambuilding- und Arbeitsmethoden von Start-ups studieren.

In Projektgruppen identifizieren letztere beispielsweise mit Interviews und Lastenheften Probleme und entwickeln mit Prototyping und Kundentests Lösungen, welche dann in kleiner Auflage getestet und verbessert werden.

Neue Arbeitsmethoden

Solche Arbeitsmethoden, die unter den Schlagworten „Design Thinking“ und „Lean Startup“ bekanntgeworden sind, kann sich auch die Sparkasse Nürnberg für ihr Haus vorstellen. „Wir setzen auf langfristige Effekte“, sagt Kläver. Schließlich unterscheiden sich die Arbeitswelten von Start-ups und Sparkassen stark.

Für die Zukunft strebt die Sparkasse Nürnberg eine projektbezogene Zusammenarbeit mit dem Zollhof an, welche das umfangreiche Leistungsportfolio für junge Unternehmen mit wenig Markterfahrung zum Gegenstand hat.

Vor allem die Beratung von Existenzgründern soll im Fokus stehen und in dauerhafte Geschäftsbeziehungen münden. Auch hierfür musste die Sparkasse einen langen Atem mitbringen. „In der Startphase arbeiten viele Neugründungen mit Eigenkapital und begnügen sich mit Konten bei Onlinebanken“, bilanziert Kläver. „Mit dem Abschluss dieser Phase erfahren sie dann, dass sie bei einer Sparkasse doch besser aufgehoben sind.“

Beratung bei zunehmendem Erfolg gefragt

Vor allem mit dem ersten Wachstum nehmen die Anforderungen schlagartig zu. Viele Start-ups wünschen dann eine Beratung, wie sie Produktionskapazitäten ausweiten, neue Märkte erschließen und einen schlagkräftigen Vertrieb organisieren können.

In der Regel müssen solche Aktivitäten nur mit neuem Kapital finanziert werden. „Jetzt können Sparkassen mit persönlicher Betreuung durch feste Ansprechpartner überzeugen“, sagt Kläver. Sie dürfen hierbei ihr Know-how in Finanzierungsfragen geltend machen und mit Kontakten zu potenziellen Investoren und Auftraggebern werben.

Jedes Institut profitiert von seiner Vernetzung in der Region, die Sparkasse Nürnberg bietet zusätzlich Kontakte zu national bekannten Zollhof-Partnern.

Das vergrößert die Chancen auch auf Kunden von auswärts. Mancher externe Gründer entscheidet sich für den Zollhof wegen dessen guten Namen als „Digital Hub“. Mit der Coronakrise konnte der Standort seinen Ruf als Hochburg für Healthcare-Start-ups weiter festigen.

Stellwerk 18: Zentrum für Hightech-Existenzgründer

Vergleichbare Effekte hat die Sparkasse Rosenheim - Bad Aibling mit Stellwerk 18 gesammelt. Auf 1700 Quadratmetern realisieren in diesem Gründerzentrum rund zwei Dutzend Start-ups digitale Geschäftskonzepte.

In Südostoberbayern hat sich Stellwerk 18 als erste Adresse für Hightech-Existenzgründer einen Namen gemacht.

Als Partner beziehungsweise „Gold-Mitglied“ konnten Stadt und Landkreis Rosenheim, die Gesellschafter des Gründerzentrums, auch die Sparkasse gewinnen.

„Die digitalen Gründungen werden langjährig bestehende Geschäftsmodelle ersetzen“, ist Helmut Hundhammer, Leiter des Gewerbekundencenter Chiemgau, überzeugt. Außerdem winken neue Geschäftskunden.

Allerdings hat auch Hundhammer die Erfahrung gemacht, dass deren Akquisition sich hinziehen kann, weil sie während der ersten Jahre mit Eigen-, Förder- oder Risikokapital finanzieren. „Wir fangen mit dem Girokonto an und bereiten dann weitere Produkte vor“, sagt der Sparkassenmanager. Mit gezieltem Networking will er die Kundenbindung vertiefen.

„Auch viele Bestandskunden suchen Unterstützung für die weitere digitale Transformation“, sagt Hundhammer.

Innovationsdarlehen vermittelt

Die Sparkasse bietet hier gerne ihre Unterstützung an und hat laut Hundhammer bereits mehrere unternehmensübergreifende Projekte und Kooperationen in die Wege geleitet.

So brachte sie einen Entwickler von digitalen Badmodulen mit einem bekannten Planungsbüro zusammen, welche sich auf die Entwicklung von Neubauten spezialisiert hat und jetzt mit fertigen Lösungen für Nasszellen wirbt.

Ansonsten konnte mehrere Ausgründungen als Kunden gewonnen werden. Ein besonders vielversprechendes Unternehmen ist der Antennenspezialist Antretter & Huber, der eine Internettechnologie für Caravannutzer entwickelt hat. Die Sparkasse vermittelte Innovationsdarlehen und wird jetzt das Unternehmen bei deren Auszug aus dem Gründerzentrum unterstützen.

Infoveranstaltungen für Gründer geplant

Für die Zukunft plant Hundhammer „niedrigschwellige“ Informationsveranstaltungen für Gründer.

Und auf diesen gezielt nach Kandidaten mit einer besonders vielversprechenden Geschäftsidee suchen.

Bei Antretter & Huber hat das geklappt. Als deren bisherige Hausbank die Kontokurrentkreditlinie nicht erhöhen wollte, sprang Hundhammer ein. „Ohne die Sparkasse würde wir heute vielleicht gar nicht mehr existieren“, sagt Gründer Peter Antretter.

15. März 2022