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Landessparkasse zu Oldenburg
Brücke von stationär zu digital
Mit dem neuen Filialkonzept "Amelie" wollen die Odenburger den Spagat zwischen Vor-Ort-Präsenz und Wirtschaftlichkeit schaffen. Wie, erklärt LzO-Vorstandsmitglied Tanja-Vera Asmussen im Interview mit der Evidenzstelle des Sparkassen-Finanzportals.

Wie war der Projektverlauf von Amelie: Urknall, Idee, Start, Umsetzung?
Tanja-Vera Asmussen: Die LzO als Flächensparkasse betreibt aktuell 85 personenbesetzte Filialen. Davon sind mehr als 30 Filialen mit drei Mitarbeitern oder weniger besetzt. Wir standen vor der Herausforderung, wie wir diese Filialen mit deutlich geringeren Kosten bei gleichzeitig verbleibender Präsenz vor Ort wirtschaftlich betreiben können. Wir sehen unsere Amelie-Lösung als Ergänzung zur VdZ-Strategie für Sparkassen mit kleinen Filialen an attraktiven Standorten.

Der Start des Projekts „Dialog-Filiale“ war im Mai 2017. Wir hatten im Projekt drei Schwerpunktthemen:

  • Neugestaltung der Filiale, bei der die SB-Technik wieder in die Filialräume integriert wird. Dazu gehört eine offene und freundliche Gestaltung der Räumlichkeiten mit neuen Böden, Farben und Möbeln sowie zusätzlicher Technik, wie zum Beilspiel I-Pads in den Wartebereichen und Touch-Werbe-Bildschirme für die interaktive Nutzung von zentralen und regionalen Inhalten
  • Umstellung der Dialog-Filialen auf SB-Kasse
  • Amelie: Einführung eines Videoservices (durch Mitarbeiter aus unserem Kunden-Service-Center KSC) zur Unterstützung und als Alternative zum Privatkundenberater (PKB) in der Filiale vor Ort.
Team Amelie der Landessparkasse zu Oldenburg.

Gibt es ein Alleinstellungsmerkmal – Unterschiede oder Ähnlichkeiten zu anderen Banken?
Wir haben eine Lösung entwickelt, um bei erhöhter Erreichbarkeit (Dialog-Filiale ist analog den Öffnungszeiten des KSC montags bis freitags von acht bis 20 Uhr geöffnet) kleine Filialen wirtschaftlich zu betreiben. Wir haben die persönliche Nähe des Mitarbeiters in der Filiale um ein innovatives Service- und Beratungsangebot per Video erweitert. Wir können Amelie-Mitarbeiter deutlich effizienter einsetzen, denn ein PKB kann jetzt per Videoservice für mehrere Filialen gleichzeitig im Einsatz sein.Wir sehen Amelie als Brückentechnologie für die nächsten Jahre, um vielen Kunden den Übergang von der stationären in die digitale Welt zu ebnen. Wir gehen davon aus, dass der Serviceanteil von Amelie dabei im Zeitverlauf zurückgehen wird. Nicht zufällig steht ein Sofa im Amelie-Raum. Hier soll der Kunde die Einfachheit erleben, um es perspektivisch zukünftig selber von zu Hause aus zu erledigen.

Was ist der Unterschied zu einem Videochat des Kunden von zu Hause aus?
Der Nutzer muss keinerlei Technikkenntnisse besitzen oder Technik bedienen. Er geht in den Raum und setzt sich auf das Sofa. Das Betreten des Raumes löst eine Videoverbindung aus. Die Amelie-Mitarbeiter begrüßen wenige Sekunden später den Besucher. Durch die Nutzung verliert der Kunde die Scheu vor der (Video-)Technik und erschließt sich so die Möglichkeiten der digitalen Angebote seiner Sparkasse. Ferner bleiben Laufwege zu einer Filiale als Kontaktplatz erhalten.

Ist Amelie bereits im Einsatz?
Amelie ist bereits bei zwei Filialen der LzO im Einsatz, in 2019 werden weitere Standorte hinzukommen.

Für welche Sparkassen eignet sich Amelie?
Die Lösung eignet sich für jede Sparkasse, die kleine Filialen betreibt und künftig noch betreiben möchte. Dies ist eher in ländlichen Gebieten der Fall, ein Einsatz ist aber per se in jeder Filiale möglich. Auch für große Einheiten kann Amelie die Erweiterung des Serviceangebotes darstellen, beispielsweise montags bis freitags von acht bis 20 Uhr.

Was sind die technischen Voraussetzungen?
Wir haben die Lösung zusammen mit dem SFP auf Basis der Talk-Event-Videoberatungslösung entwickelt. Derzeit arbeiten wir an der Skalierbarkeit, um die Lösung ab 2020 für 30 bis 40 Filialen umzusetzen. Dies sollte bis zum Sommer 2019 fertiggestellt sein.

Wie reagieren die Kunden auf Amelie?
Die Kunden sind sehr positiv und freuen sich, dass die LzO an diesem Standort investiert und damit auch auf Dauer präsent bleibt. Hinsichtlich der Amelie-Nutzung muss für die ersten sechs Monate ein Personalmehraufwand eingeplant werden, denn die Besucher der Filiale müssen aktiv in den neuen Amelie-Raum begleitet werden. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht, und es ist uns gelungen, zunehmend Hemmschwellen bei den Kunden abzubauen. Wir arbeiten ständig daran, unsere Kunden noch stärker über die Möglichkeiten und Vorteile dieser Lösung aufzuklären.In einer nächsten Ausbaustufe denken wir über ein Kundenleitsystem nach, um den Kundenstrom in den Filialen optimal zu steuern.

Wie sieht der technische Ablauf für den Kunden aus?
Der Kunde muss keine Technik bedienen, keinen Knopf drücken oder eine Tastatur benutzen. Das war eine der Prämissen von Amelie: Keine Technikbarriere für die Nutzung aufbauen.

Wie gehen die Mitarbeiter mit dieser neuen Filialform um, was bedeutet das für deren Tagesablauf?
Für die Mitarbeiter in den neuen Dialog-Filialen gehört es zum festen Tagesablauf, jeden Kunden, der mit oder ohne Termin in die Filiale kommt, auf Amelie anzusprechen und gegebenenfalls zwecks Vorstellung des Amelie-Teams in den Amelie-Raum zu führen. Im medialen Vertrieb haben wir kontaktstarke KSC-Mitarbeiter ausgewählt, die nicht kamerascheu sind, die Service- und Vertriebsprozesse umfassend beherrschen und darüber hinaus auch Cross-Selling-Potenziale erkennen.

Wie sieht die Zukunft dieses Projekts aus?
Wir glauben, dass Amelie auch an großen Standorten eine sinnvolle Ergänzung zum PKB vor Ort sein kann. Analog zu den Expresskassen an Supermärkten oder bei Ikea kann Amelie an hochfrequentierten Standorten eine schnelle Verfügbarkeit von Service, Produkten und Dienstleistungen garantieren. Um Kunden noch besser zu steuern, denken wir über eine Identifikation des Kundenwunsches und des Kunden schon beim Betreten der Filiale nach. So können wir unnötige Wartezeiten reduzieren und unsere Mitarbeiter vor Ort und im Amelie-Team gezielter einsetzen. Das ist mit einem Kundenleitsystem möglich, wie es bereits die Berliner Sparkasse im Einsatz hat.

Können Sie etwas zu den Kosten sagen?
Beim Aufwand unterscheiden wir zwischen den Kosten in der Dialog--Filiale und den Kosten eines Amelie-Beraterplatzes.

  • In der Filiale kann man für den Bildschirm mit Kamera und Mikrofon, den erforderlichen PC, die Kartenleserinfrastruktur sowie Installation und Testing rund 6500 Euro veranschlagen.
  • Einen Arbeitsplatz auf Beraterseite kann man mit rund 1000 Euro kalkulieren. Hinzu kommen dann noch die Lizenzkosten für die Talk-Event-Lösung.
Der Beitrag wurde der Evidenzstelle des Sparkassen-Finanzportals entnommen.
14. März 2019