Zurück
Fintech
Plattformen werden entscheidend
Die Bankenlandschaft, vor allem der Vertrieb von Finanzprodukten wird sich durch das Wachstum der Fintechs rasant verändern. Doch Chancen gibt es auch für etablierte Banken, heißt es in einer aktuellen LBBW-Studie.

Vor allem im Bereich Retailbanking und Zahlungsverkehr wird die stark wachsende Zahl junger Fintech-Unternehmen Auswirkungen auf das traditionelle Bankgeschäft haben. Laut einer Studie der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) befürchten klassische Kreditinstitute in diesen Segmenten negative Auswirkungen auf die Ertragslage. Rund 60 Prozent der von der EU-Bankenaufsichtsbehörde EBA befragten Banken gehen davon aus, dass insbesondere durch Einführung der Zahlungsverkehrsdiensterichtlinie PSD2 die neue Konkurrenz sich ein Stück vom Kuchen abschneiden werde.

Dabei gibt es aber auch Wettbewerbsvorteile von Banken und Sparkassen, die etwa im hohen Maß an Kundenvertrauen in die Datensicherheit bei diesen Instituten liegen oder der Kompetenz bei Risikoeinschätzung und dem Umgang mit Regulierungsanforderungen. Fintechs haben vor allem da Vorteile, wo es gilt, einfache Produkte ansprechend in die digitale Welt umzusetzen. Sparprodukte oder Girokonten werden deswegen eher unter Wettbewerb leiden als Firmenkredite.

Bei der großen Szene an Fintechs muss zudem unterschieden werden zwischen denen, die mit Banken kooperieren und denen, die selbst als Finanzdienstleister auftreten, so die LBBW. Das Wachstum der Fintechs in beiden Bereichen sei rasant. 2012 gab es in Deutschland eine einzige Kooperation zwischen einem traditionellen Kreditinstitut und einem Fintech, 2013 waren es drei. Im Jahr 2017 kamen mehr als 160 neue Kooperationen hinzu.

Die Fintechs, die als Anbieter auftreten, wachsen ebenso rasant. Bestes Beispiel die Berliner Handybank N26, die inzwischen einen Marktwert von 2,3 Milliarden Euro erreicht hat, mehr als zwei Millionen Kunden in mehreren Ländern betreut und Einlagen von über einer Milliarde Euro aufweist. Dabei heben die Stuttgarter Analysten speziell die Strategie von N26 hervor, ein eigenes Ökosystem aus Kooperationen mit anderen etablierten Finetchs aufzubauen. Dazu zähllen etwa der Versicherungsmakler Clark, die Kreditplattform Auxmoney, der Investmentspezialist Vaamo oder die Zahlungsverkehrsanbieter Barzahlen und Transferwise.

Die Fintech-Landschaft ist inzwischen riesig. Sie wächst und verändert sich rasant.

Beim Sprung traditioneller Banken in die digitale Welt, sieht die LBBW gute Chancen, wenn Institute Ansätze der Fintechs nutzen. Anstatt die komplexe und teils historisch gewachsene Welt des analogen Bankings digital abbilden zu wollen, sei es vielversprechender, komplett neu zu starten. Damit könne es gelingen, "binnen 12 Monaten eine digitale Bankplattform zu entwickeln, die dann nach und nach durch Einbindung neuer Produkte wächst", heißt es in der Studie.

Die digitalen Zahlungsmöglichkeiten gewinnen auch in Deutschland an Bedeutung. Bekanntester Anbieter im Markt ist laut einer PwC-Studie zum deutschen Markt Paypal gefolgt von Amazon Payments und Paydirekt. Das Zahlverfahren Paydirekt der Banken und Sparkassen ist damit etablierter als Lösungen wie Google Wallet, Sofortbezahlen oder Apple Pay. Banken und Sparkassen sollten aber noch stärker auf ihre Vorteile, wie etwa das Kundenvertrauen in die Datensicherheit bei ihnen, setzen, rät die LBBW.

Führungskräfte deutscher Kreditinstitute rechnen laut einer Sopra-Steria-Umfrage damit, dass wenige große Banken-Plattformen künftig den Markt bestimmen werden. Für Banken und Sparkassen stelle sich damit die Frage, wolle man Schaufensterbetreiber oder Produktlieferant sein. Ein Vergleich dazu seien Urlaubsflüge, die heutzutage fast ausschließlich auf Plattformen getätigt würden.

Eigentlich seien Banken und Sparkassen prädestiniert aufgrund vorhandener Kundenbeziehungen, Kundendaten und Kundenvertrauen selbst zum Plattformanbieter zu werden, so die LBBW. Allerdings erfordere dies einen Kulturwandel. Gute Beispiele hierfür sei etwa die ING Diba mit ihrer Baufinanzierungsplattform Interhyp. Plattformen wie Check24 oder Verivox würden als reine Plattformanbieter ebenfalls in den Markt von Finanzprodukten vorstoßen.

Die Zahl der Bankfilialen seien zwar rückläufig, doch werden sie nicht aussterben, prognostiziert die Landesbank. Laut einer Umfrage des Bankenverband stimmten nur 13 Prozent der Aussage zu, dass Banken heutzutage keine Filialen mehr bräuchten.

Thomas Rosenhain
– 5. Februar 2019