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Sparkassentag 2019
Am Puls des Marktes und der Kunden
„Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“ – so wurden Verfechter von Innovationen oft ausgebremst. Heute gilt das nicht mehr. Wenn Unternehmen im Zeitalter des Internets keine Visionen haben, müssen sie irgendwann zum Abwickler. Ein Gastbeitrag von Gerhard Grandke, Geschäftsführender Präsident des Sparkassen- und Giroverbands Hessen-Thüringen.

Der digitale Wandel stellt auch die Sparkassen vor Herausforderungen. Er hat für sie zwei Aspekte. Der erste ist der wachsende Wettbewerb mit Fintechs und den Weltkonzernen, die immer tiefer in den Markt für Finanzdienstleistungen eindringen. Diese Konkurrenz muss die Sparkassenorganisation ernst nehmen. Sie hat aber auch keinen Grund für Minderwertigkeitskomplexe. Denn gerade im umkämpften Zahlungsverkehr ist die Sparkassen-­Finanzgruppe eindeutig Standard­­setzer und innovativer Treiber.

Mit der Girocard sind die Sparkassen wie die gesamte deutsche Kreditwirtschaft schon seit vielen Jahren erfolgreich am Point of Sale präsent. Im ersten Halbjahr 2018 stiegen die Bezahlvorgänge mit dieser Karte um 14,4 Prozent auf fast 1,8 Milliarden und der Umsatz um 11,7 Prozent auf 87 Milliarden Euro – und das ohne besondere Werbung! Inzwischen haben die Sparkassen die Girocard ins digitale Zeitalter überführt. Sie wurde mit einer Kontaktlos-Funktion ausgestattet und dann ins Smartphone integriert. Seit Juli 2018 können Sparkassenkunden mobil und kontaktlos zahlen. Bereits im Januar 2019 wurde die millionste Transaktion durchgeführt.

Auch beim Thema Echtzeitüberweisung waren die Sparkassen Vorreiter. Ende 2017 haben sie das Handy-zu-Handy-Zahlverfahren Kwitt eingeführt, das inzwischen 1,3 Millionen Nutzer hat. Seit Juli 2018 können Sparkassenkunden auch via Internetfiliale und Sparkassen-App in Echtzeit Geld überweisen, das innerhalb weniger Sekunden auf dem Konto des Empfängers gutgeschrieben wird. Mittlerweile führen Sparkassenkunden rund 60.000 Echtzeitüberweisungen am Tag durch.

Gemeinsam mit den anderen Banken bieten die Sparkassen im E-Commerce mit Paydirekt ein Bezahlverfahren an, das mit seiner Leistungsfähigkeit, Servern im Inland und hohen Sicherheitsstandards punktet. Im elektronischen Zahlungsverkehr mit den Kommunen hat die Sparkassenorganisation mit Giro-Checkout ein sicheres und kostengünstiges Produkt im Einsatz. Dank dem S-Rechnungsservice können Kommunen schon heute elektronische Rechnungen empfangen und verarbeiten, wie es ab spätestens April 2020 gesetzlich vorgeschrieben ist.

Die Sparkassen-Finanzgruppe bietet ihren Kunden im Zahlungsverkehr eine leistungsfähige Infrastruktur aus einem Guss an, an der ständig weitergearbeitet wird. So sind zum Beispiel eine Kwitt-Händler-App und Sammelüberweisungen in Echtzeit geplant.

Zentrale Anlaufstelle

Der zweite Aspekt des digitalen Wandels ist das veränderte Verhalten der Kunden, die von Finanzdienstleistern ein umfassendes Angebot erwarten, das einfach zu bedienen ist. Mit der Internetfiliale, die inzwischen für mobile Endgeräte optimiert wurde, und der Sparkassen-App können die Sparkassen genau das liefern. Internetfiliale und Sparkassen-App sind auch der Ansatzpunkt für das wichtigste Digitalisierungsprojekt, das die Sparkassenorganisation derzeit umsetzt. Beide sollen zu einem digitalen Ökosystem in Form einer Finanzplattform ausgebaut werden.

Diese soll für den Kunden die zentrale Anlaufstelle für all seine Finanzfragen sein. Dank der Einbindung von Drittanbietern erhält er zudem Zugang zu Mehrwerten. Das wird das gefühlte Preis-Leistungs-Verhältnis verbessern und bietet auch Chancen für die Neukundenakquise. Der Ausbau soll sukzessive erfolgen. Noch in diesem Jahr wird es das neue Banking-Frontend mit Kontostandprognose und Vertragscheck geben. Später sollen weitere Angebote und Funktionen angedockt werden wie die Steuererklärung, die aus der Internetfiliale heraus erstellt werden kann.

Dank der neuen Finanzplattform erhält der Sparkassenkunde Zugang zu einem breiteren Serviceangebot im Internet und kann dennoch auf Beratung zurückgreifen, die über alle Altersgruppen hinweg weiterhin erwünscht ist. Der persönliche Kontakt und die persönliche Nähe zahlen auch im digitalen Zeitalter ­signifikant in die Kundenzufriedenheit ein: So liegt die Gesamtzufriedenheit bei Kunden, die ein Beratungsgespräch hatten, bei den Sparkassen in Hessen und Thüringen um 15 Prozentpunkte höher als ohne Beratung. Das Preis-Leistungs-Verhältnis wird um acht Prozentpunkte, die Kundenbetreuung sogar um 24 Prozentpunkte besser beurteilt, wenn die Kunden vorher ein Beratungsgespräch hatten. Auch das Image, die Treue und die Weiterempfehlungsbereitschaft verbessern sich deutlich.

Wegen der hybriden Kundenwünsche müssen die Sparkassen die verschiedensten Zugangskanäle offenhalten. In den vergangenen Jahren haben viele Institute ihr Filialnetz dem veränderten Kundenverhalten angepasst. Im Gegensatz zu anderen Banken werden die Sparkassen sich aber nicht aus der Fläche zurückziehen, sondern dafür sorgen, dass überall eine Grundversorgung in vertretbarer Nähe existiert. Die Filiale ist ein Sinnbild für die Daseinsvorsorge der kommunal getragenen Sparkassen. Sie steht für deren regionale Verwurzelung und für persönlichen Kontakt zu ihren Kunden, die den Erfolg der Sparkassen traditionell ausmachen.

Mit ihrem Multikanalansatz aus Flächen- und Digitalpräsenz sind die Sparkassen gut für die Zukunft gerüstet. Sie richten sich damit gezielt an den Wünschen und Bedürfnissen ihrer Kunden aus. Der Multikanalansatz, der durch die Finanzplattform weiter vorangetrieben wird, hat sich bewährt. Das schlägt sich positiv im Kundengeschäft nieder, das bei den Sparkassen seit Jahren wächst. Die Sparkassen beweisen damit, dass Visionen besonders dann erfolgreich sind, wenn sie auf einer erfolgreichen Struktur und Basis aufsetzen.

Berichte und Gastbeiträge zum Sparkassentag finden Sie unter sparkassenzeitung.de.

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Quiz der SparkassenZeitung zum Sparkassentag

Gerhard Grandke
– 9. Mai 2019